Kurzbiografie von Wilhelm Heckmann
26. Juni 1897 |
Geburt in Wellinghofen (heute: Dortmund) als Jacob Wilhelm H. Eltern: Gastwirt Gustav A. Heckmann + Maria H. (geb. Willet) |
ab ca. 1900 | wohnt in Altena/ Westfalen im Haus „Freiheit“ 105, später: Kirchstraße 57 1 mit Eltern und 3 Geschwistern. Das Haus wird in der Stadtchronik als „sehr winkelig gebautes Haus am „Totschlag“ bezeichnet 2 |
1903-11 |
Ostern 1903: Einschulung in die evang. Volksschule „Freiheit“, Abgang von der Schule: 01.04.19113 1947 gibt Willi in einem Fragebogen an: „Volksschule in Barmen und Altena von 1904 bis 1912“ 4 |
1911-14 | Kaufmännische Lehre, abgebrochen, ohne Abschluss 5 |
1916 | Reichsgesetz vom Dezember 1916, Nr. 276: „Jeder männliche Deutsche […] zum Vaterländischen Hilfsdienst […] verpflichtet.“ |
1918 | Wehrdienst im 1. Weltkrieg 7, 8, Frankreich-Feldzug bis Kriegsende, Lazarett 9 |
1919 | Seit dem Tod der Mutter Maria (1919) sorgt Paula für Willi. 10 |
1920 |
Umzug nach Elberfeld /Rheinld. mit dem Vater, Bachstraße 85 11 Zweite Ehe des Vaters mit Paula (geb. Orbach), Geburt seiner Halbschwester Kläre |
ab ca. 1920 |
berufstätig als Tenorsänger / Berufsmusiker (Klavier+Gesang) öffentliche Auftritte im Rheinland und Westfalen, |
1919-23 | Ausbildung am Konservatorium in Hagen/Westf. als Pianist und Sänger 12, 13 |
1923-25 | Privatstunden in Berlin bei Direktor Laur 14 und Stettin 15 |
1919-25 | Privatunterricht in Altena und Berlin 16 |
4.9.1925 – 1927 |
Tournee mit Orchester in Zürich/ Café Helvetia 17, Cezil-Bar 18, Schaffhausen, Restaurant Ritter 19 und Lugano In Zürich vom 4.9.1925 20, am 1.6.1926 nach Schaffhausen bis 31.7.26; vom 11.10.1926 wieder Zürich bis 1.2.1927, dann Lugano |
1927 | Gastspiel-Engagement in Rheydt (Rhld.), Café Rheingold 21 |
ab ca. 1927 | Auftritte und Engagements in Nord- und Süddeutschland, Thalia 22 in Wuppertal und Bolzstube (Wuppertal) 23, daneben auch Kinomusik, im Kino „Zentraltheater“ in Altena 24 |
Okt. 1929 – Jan. ’30 | Café und Bar “Hermes”, Berlin, Kleiststraße 4025 |
1931 – 1933 | Hafenschänke Stuttgart; Engagement als Sänger, Pianist und Alleinunterhalter 27 |
12.4.1934 | „Schutzhafterlass“ |
Mai – Juli 1934 | spielt im Weinhaus „Klosterkeller“, Wuppertal – E. als Sänger und Pianist 28 |
30.6.1934 | „Nacht der langen Messer“, Ermordung von Ernst Röhm u.a. |
24.10.1934 | Beginn der systemat. Erfassung Homosexueller durch Gestapo, Telegramm an alle Polizeibehörden 29 |
1934-35 | Hotel Kahl, Gotha 30 |
28.6.1935 | Verschärfung des § 175 |
28.6.1935 – 16.3.36 | Wohnsitz in München angemeldet; im Tal 72 31 |
Sept. – Nov. 1935 | Café „Gottschalk“, München als Alleinunterhalter 32, 33 |
Dez. 1935 – Mär. ’36 | Weinhaus „Kakadu“, München 34 |
1934 oder 36 | 1. Verhaftung in Wuppertal, Verurteilung vom Landgericht Wuppertal „wegen Unzucht mit Männern“ zu 6 Monaten Gefängnis (Prozessakten bisher nicht gefunden) |
1936 | Gastspiel „Hochlandklause“ Partenkirchen 35 |
1936-37 | „Giftbude“ Borkum 36 |
Anfg. 37 | Stuttgart, dort gemeldet bis März 1937 37 |
1937 (?) | Hinweis in der Reichsmusikkammer auf Heckmanns Gerichtsverfahren wird verfolgt 38 |
1.4 – 29.7.1937 | Aufenthalt in Passau 39 |
13.4.1937 | Anzeige in „Donauzeitung“ Passau: „Sonderabend mit Willi Heckmann und Carl Goller“ 40 |
Apr. – Jul. 1937 | Engagement Regina-Tanzdiele, Passau, als Alleinunterhalter 41, 42 „Regina-Diele“ 43 |
29.7.1937 |
lt. Einwohnermeldeamt am 29.7., in „U-Haft nach München“. 44 laut eigener Erinnerung in 1956 „ca. im Mai´37 45, von der Gestapo in Passau „ohne jegliche Veranlassung“ 46 verhaftet, dort in einer Haftanstalt festgehalten, und dann ins Wittelsbacher Palais nach München gebracht. Ihm wird die Strafsache von „1934“ vorgeworfen. 47, 48 |
8. – 14.8.1937 | Polizeigefängnis des Münchener Polizeipräsidiums (Ettstr.) 49 |
14. August 1937 | Einlieferung ins KZ Dachau durch Gestapo; Häftlingsnummer 12568 |
14. Mai 1939 | für 1 Monat wegen Begräbnis seines Vaters beurlaubt, |
14. Juni 1939 | von Wuppertal zum LGGefängnis Hof, (Gefangenennr. 643) |
15./16. Juni 1939 | zum KZ Dachau überstellt |
21.-23. Sept. 1939 | Kommandantur-Arrest |
27./28. Sept. 1939 |
zum KZ Mauthausen überstellt Dort: Häftlingsnummer 1212 /Kategorie „Sch“ § 175 , rosa Winkel Arbeitet im Steinbruch; in den ersten Jahren in Block 3 untergebracht 50, 51; ab ca. 1942 im Block 7 Hat dort nach eigenen Angaben „ein Trio gegründet“, bei vielen Besuchen von ranghohen Gästen aufgespielt, auch im Casino der SS. (lt. einem Gespräch mit K. St. 1987) |
15. Nov. 1941 | Führer-Erlass: Änderung des §175: Für Angehörige der SS und Polizei gilt die Todesstrafe für Unzucht unter Männern. 52 |
30. Juli 1942 | Der Häftling Hans Bonarewitz wird nach einem Fluchtversuch gehängt, Willi wird dabei mit der Häftlingskapelle fotografiert. |
1942 (wann?) | Himmler besucht Mauthausen. Er ordnet die ständige Einrichtung eines Orchesters an. 53 |
Oktober 1942 |
Mitbegründer der großen Mauthausener Musikkapelle (lt. Interview von H. Marsalek mit Josef Jira am 18.4.1972) Sänger deutscher Schlager und Akkordeonspieler; arbeitet später in Transportkolonne; arbeitet danach in Desinfizierung |
Anfang 1945 | Willi muss für 3 Monate an die Front. |
5. Mai 1945 | Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen |
8.Juli 1945 | Er erhält im Lager einen Ex-Häftlingsausweis und eine Bescheinigung für Unterstützung vom Deutschen Komitee und erhält dadurch Essenskarten in Linz, Elixhausen und im Kreis Salzburg bis 20.8.45 54 |
Ende Mai 1945 | Eintreffen in Wuppertal, kommt mit einem Mithäftling, wohnt später in Altena (Westfalen) |
1945+46 | Arbeitet als Pianist und Sänger bei der amerikanischen und englischen Armee in Iserlohn. Weiterhin verschiedene Tätigkeiten als Unterhaltungsmusiker in mehreren Städten (u.a. mit G. Streitwolf) |
Feb. 1945 – Jan. ’52 |
Altena, Bahnhofstraße 15; gewerblich angemeldet als „Pianist, Sänger, Akkordionist, Musiklehrer“ 55 Engagement im „Märkischen Hof“, Altena 56 |
28.4.1947 | beantragt die Lizenz für öffentl. Musikauftritte bei amerik. Soldaten; wird auf ehem. NS-Parteizugehörigkeit überprüft, Hinweis auf Karteikarte der Reichskulturkammer, am 12.8.47 wird die Genehmigung erteilt. 57 |
ab ca. 1952 |
mietet eine Nachbarwohnung in Wuppertal neben seiner Schwester Kläre Stanjek (geb. Heckmann). Als Berufsmusiker Gastaufritte vorwiegend in Nordrhein-Westfalen und Bayern |
2.11.1954 | Willi beantragt Entschädigung wegen Freiheitsentzug, und Schäden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen 58 |
Dezember 1960 | Willis Entschädigungsantrag (auf „Wiedergutmachung“) wird abgelehnt. 59 |
4. August 1965 | heiratet Frau Elisabeth Weigel; Umzug aus Holsteinerstraße in die Mainzerstraße in eine gemeinsame Wohnung mit E. Weigel |
29. Dezember 1986 | Elli Heckmann-Weigel stirbt |
1993 | Aufgabe seiner Wohnung, Umzug in ein Altersheim in Wuppertal |
11. Juni 1994 | Der § 175 wird aufgehoben. |
10. März 1995 | Willi stirbt im Alter von 97 Jahren in Wuppertal. |
Autor: Klaus Stanjek (Stand: 9.7.2012)
Anmerkungen
- ↑ In den Adressbüchern von Altena steht 1876 im Haus Freiheit 105: ADAM Heckmann („B879“), 1894: EWALD, 1906 (Kirchstraße 57): ADOLF Heckmann, 1922 (Kirchstraße 47): EWALD, 1928: kein Heckmann
- ↑ Chronik der Stadt Altena, 1956, S. 59, Stadtarchiv Altena
- ↑ Quelle: Stadtarchiv Altena, Schülerverzeichnis der Volksschule „Freiheit“ (gefunden von Monika Biroth,2009)
- ↑ Fragebogen ausgefüllt 4/1947 wegen Antrag Musikerlizenz; Bundesarchiv
- ↑ Zeugenaussage in Gerichtsverfahren, 26.1.1960
- ↑ Lt. Gespräch mit Willi auf der Reise im Nov.1987
- ↑ Lt. Antrag auf Musikerlizenz im Jahr 1947
- ↑ Zeugenaussage in Gerichtsverfahren, 26.1.1960
- ↑ Lt. Gespräch auf Altena-Fahrt im Nov. 1987
- ↑ Gespräch mit Kläre, 4/1995
- ↑ Quelle: Einwohnermeldekarte für Vater Adolf Heckmann, Stadtarchiv Wuppertal
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Personalfragebogen Musikerlizenz 47
- ↑ Quelle: „Das Deutsche Podium“ 1935,Nr, 31, S. 15; evtl. der Leiter des Hagener Konservatoriums „Musikdirektor Otto Laugs“
- ↑ Lt. „Personal-“Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Annonce im Tagblatt der Stadt Zürich von Okt. 1925, im Café Helvetia „täglich Stimmungsorchester Willy Ebel aus Elberfeld“
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Kontrollkarte für Ausländer Nr. 6701 im Stadtarchiv Schaffhausen/ Schweiz, Auskunft durch M. Wunderli vom 30.5.2011
- ↑ Einwohnermeldekarte von Willi Heckmann im Stadtarchiv Zürich, Auskunft durch Dr. Behrens v. 12.5.2011
- ↑ Anzeige in „Der Artist“, Düsseldorf, Nr. 2172, vom 5.8.1927. „1A Stimmungspianist Willi Heckmann, Meister-Chansonnier am Flügel, Alleinunterhalter. Usw. ..Nach 2jähriger Tätigkeit aus der Schweiz zurückgekehrt…“
- ↑ Gespräch mit Kläre Heckmann (Stanjek) 1995
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Mündl. Aussage der Nachbarin Fr. Würschmidt, Sept. 2001
- ↑ Lt. Zeugnis vom 31.1.1930
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ In: „Das Deutsche Podium“ Mai, Juni, Juli 1934
- ↑ Tagesspiegel, 25.10.09
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Einwohnermeldekarte der Stadt München, Stadtarchiv München
- ↑ In: „Das Deutsche Podium“ 31, 1935
- ↑ In: „Das Deutsche Podium“ 31, 1935
- ↑ In: „Das Deutsche Podium“ 42+43, 1935 + Nr.4,1936
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Einwohnermelderegister der Stadt Passau; im Hauptstaatsarchiv Stuttgart allerdings kein Hinweis erhalten
- ↑ Eintrag auf Karteikarte aus „Berlin Document Center“: „Anfrage der RMK an die Gestapo München, ob gegen H. bereits ein Verfahren wegen widernatürlicher Unzucht schwebt.“ Ohne Quelle, ohne Datum, ohne Autor
- ↑ Lt. Einwohnermelderegister der Stadt Passau
- ↑ Donauzeitung Passau am 13.4.37
- ↑ In: „Das Deutsche Podium“ 26, 1937
- ↑ Lt. Wiedergutmachungsbescheid vom 15.12.1960
- ↑ Lt. Fragebogen Musikerlizenz 1947
- ↑ Lt. Einwohnermelderegister der Stadt Passau 1937
- ↑ Lt. Ermittlungsbericht zum Entschädigungsantrag, 11.1956, Kreisarchiv Altena
- ↑ Lt. Entschädigungsbescheid vom 15.12.1960, Kreisarchiv Altena
- ↑ „Ich wurde ohne nähere Begründung wegen Weigerung der Änderung meines Programms, sowie Vorfinden von antifaschistischen Flugblättern ins Konzentrationslager gebracht, und als Künstler nicht mehr zugelassen. Auch wurde ich, weil ich unverheiratet war, nicht als notwendiger Musiker betrachtet.“ In: Geschäftsfragebogen anlässlich Lizenzantrag 1947/ Bundesarchiv
- ↑ Der Münchener Gauleiter Adolf Wagner stellt in einem Brief an die Polizeipräsidenten und Stapoämter vom Juni 1937 fest: „In letzter Zeit mehren sich die Fälle der widernatürlichen Unzucht nach § 175 RStGB. Es muß alles versucht werden, um dieses widernatürliche Laster mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auszurotten….Ich weise deshalb alle Polizeibehörden auf das bestimmteste an, jeden Einzelfall mit unnachsichtlicher Strenge zu verfolgen. Insbesondere genügt es nicht, nach der polizeilichen Vorbehandlung die Verbrecher den Gerichten zu übergeben. Soferne die Gerichte nicht von sich aus richterliche Haft verhängen, sind die Verbrecher regelmäßig bis zur gerichtlichen Aburteilung in Schutzhaft zu nehmen.“ HStA München, MInn 72644; zitiert aus : Albert Knoll „Totgeschlagen – Totgeschwiegen“ Dachauer Hefte, Nr. 14/1998.
- ↑ Lt. Häftlingsbuch des Gefängnisses der Münchner Polizei, Staatsarchiv München
- ↑ Lt. Zugangslistenbuch, Archiv Wien
- ↑ Lt. Zeugenaussage Jan. 1960, Wptl „im KZ Mauthausen war ich in den ersten Jahren im Block 7 und etwa ab 1942 im Block 7 untergebracht.“ (= wahrscheinlich Schreibfehler!)
- ↑ In Martin Moll: „Führer-Erlasse 1939-45“. Franz Steiner Verlag 1997. Stuttgart
- ↑ Aussage von Hans Marschalek, im Mauthausen-Film der Chronos-Media
- ↑ Originale im Bundesarchiv Lichterfelde
- ↑ Lt. Verzeichnis der Gemeindegewerbesteuer-Veranlagung, Stadtarchiv Altena
- ↑ Gibt H.Römhild als geschäftliche Referenz im Personal-Fragebogen an anlässlich der Beantragung seiner Musikerlizenz; Bundesarchiv Lichterfelde
- ↑ Schriftwechsel der amerik. Intelligence Section liegt im Bundesarchiv, Lichterfelde (aus Berlin Document C.)
- ↑ Landesarchiv NRW, Staatsarchiv Münster
- ↑ Bescheid des Regierungspräsidenten (in Arnsberg) vom 15.12.1960